Der Weg durch die Trauer bei einem Sternenkind – Bild eines Trauerprozesses
Eine 32-jährige Frau hatte ihre kleine Tochter in der 26. Schwangerschaftswoche verloren und kam zur Nachsorge zu mir in die Sprechstunde.
Ich habe ihr den Trauerprozess mit dem Bild einer Sanduhr erklärt:
Der obere Teil entspricht der Zeit wenn die Welt noch in Ordnung ist und man sich auf das Kind freut. Man hält vieles für selbstverständlich.
Der mittlere Teil ist die Zeit der intensivsten Trauer und des Durcheinander Seins. Der Schockzustand wechselt sich ab mit intensiven Gefühlen, vielleicht auch in Träumen. Familie und Freunde werden sich unterschiedlich verhalten. Die Trauer wird einmal ganz heftig sein und sich dann wieder zurückziehen.
Der untere Teil einer Sanduhr entspricht der Zeit danach, wenn man an der Welt wieder teilhaben kann und auch wieder Freude empfinden kann. Man hat dann einen großen Reifeschritt vollzogen. Vieles wird nicht mehr als selbstverständlich angesehen. Man geht bewusster durch das Leben und freut sich auch eher an Kleinigkeiten und mit den Menschen, die in dieser schweren Zeit zu einem gehalten haben.
Am Ende meiner Begleitung brachte sie dieses Bild mit:
Sie hatte das Symbol der Sanduhr als Trauerverarbeitungs-Weg für sich umgesetzt und Ihren Trauerweg so dargestellt. Regenbogenfarben. Oben enger und unten viel breiter, mit größerer Bewusstheit durch das Leben gehend. Mit viel Dankbarkeit, wie sie erzählte.
Rechts – der kleine Punkt, der dann immer blasser wird und wieder aus ihrem Leben zieht, stellt ihr kleines Mädchen dar.
Die schwarzen Spitzen – die Trauer, wie sie immer wieder kommt, aber mit der Zeit die Intervalle auch nachlassen.
In der Mitte – ihr erlebtes Labyrinth der Gefühle.
Die Ballons in dieser Zeit sollen ihren Ehemann, ihre Mutter und ihre Freundin darstellen. Diese waren wohltuend an ihrer Seite.
Das Malen hat ihr gut getan. Das Sanduhr-Modell gab ihr eine Landkarte durch die Trauer und sie kam sich nicht mehr vor wie im freien Fall.
Eineinhalb Jahre später bekam ich eine Karte mit einer Geburtsanzeige ihres gesunden Söhnchens.
Marion Bauer